Dieser Blog ist über mich, Birgit KOBER, ein Mitglied der Deutschen Nationalmannschaft (Behindertensport) und ich bereite mich auf die Paralympics in Rio 2016 vor.
In diesem Blog lasse ich Sie an meinen Höhen und Tiefen im letzten Jahr vor diesem Großereignis teilhaben, an meinem persönlichen COUNTDOWN für RIO 2016.

Donnerstag, 28. Juli 2016

"Weltstadt mit Schmerz" ohne Sommernachtstraum und Verabschiedung der bayerischen Olympiateilnehmer - noch 41 Tage bis Rio 2016


Letzten Freitag war ein dunkler Tag für meine Heimatstadt. Ob terroristischer Anschlag, ob Amoklauf, das ist vollkommen egal. Vielleicht vom Blickwinkel der Bedrohungslage her, aber ansonsten macht es für die Opfer keinen Unterschied. Ich verdanke es ein paar glücklichen Umständen, dass ich nicht noch ins Olympia Einkaufszentrum gefahren bin und erfahre habe ich es dann im Gottesdienst, zu dem ich (wenn ich zeitlich kann) immer freitags gehe. 

Ich gehe in AGAPE, das ist eine überkonfessionelle, christliche Gemeinschaft, die der evangelischen Kirche zugehörig ist. Dort, während dem Gottesdienst, haben wir alle von dem Amoklauf erfahren. Beziehungsweise wussten wir alle noch nicht genau, was es eigentlich ist, man ging ja zu diesem Zeitpunkt noch von drei Tätern aus. 

Es war schon eine beklemmende Situation, dass kein Verkehrsmittel mehr gefahren ist, dass jeder Zuhause bleiben sollte und dass man dachte, dass draußen noch zwei Irre rumlaufen. Ich war sehr froh, dass mich Bekannte aus der Gemeinde heimgefahren haben, sonst wäre das schwierig geworden. 

Zuhause galt es erstmal alle zu beruhigen, die sich Sorgen gemacht hatten. Aber man hat halt auch nicht immer freitags permanent (schon gar nicht im Gottesdienst) das Handy an. Der Zusammenhalt von vielen, auch die vielen Anfragen, ob es einem gut geht, das war schon irgendwie ein "warmes Gefühl", in dieser Zeit, in der man doch zuweilen denkt, dass wir uns nicht mehr so nah sind. Zeiten wie diese lehren uns eventuell das Gegenteil. 

Als ich dann vor dem Fernseher saß, immer wieder die gleichen Bilder fast gebetsmühlenartig in einer Endlosschleife kamen, da wurde mir schnell klar, dass der für morgen geplante "Sommernachtstraum" wahrscheinlich nicht nur wettertechnisch, sondern auch so ins Wasser fallen würde. Der Sommernachtstraum ist ein riesen Feuerwerk mit Musikuntermalung am Olympiasee, das einmal im Jahr in München stattfindet. Die bayerischen Olympia- und Paralympicsteilnehmer wären im Rahmen dieser Veranstaltung nach Rio verabschiedet worden. Auch, wenn ich schon am OSP Rheinland meine Verabschiedung hatte, so wäre das natürlich nochmal super gewesen! 




Die Verabschiedung wurde abgesagt, am nächsten Tag am Vormittag bin ich dann "nur" zur inklusiven Sportkonferenz in den bayerischen Landtag, die stattfand. Ich glaube, alle die daran teilgenommen haben, waren mit den Gedanken noch bei den Ereignissen des letzten Tages, aber das Leben geht auch weiter, wenigstens ein bisschen. 

Ich war damals noch ein Kind als die Bombe auf dem Oktoberfest gezündet wurde, wir haben die Detonation bis zum anderen Ende des Festes gespürt. Es war ein ganz komisches Gefühl, das ich nie vergessen habe. München ist viele Jahre von einem weiteren Ereignis dieser Art verschont geblieben, aber es macht mich sehr traurig, wenn ich jetzt jeden Tag in den Nachrichten von weiteren Taten dieser Art höre und lese. Und das nur allein in Deutschland. In Kabul sind am 23.07. durch eine Bombe 61 Menschen ums Leben gekommen. 




Doch trotz allem darf unser Lebens nicht zum Stillstand kommen und vor allem befinden wir uns im Endspurt auf Rio 2016. Wir haben auch am Samstag Nachmittag/Abend unser Hausfest gefeiert, denn wem hätte es etwas bebracht, es abzusagen?!


Ich wohne in Neuperlach. Das ist ein Stadtteil mit relativ vielen Hochhäusern. In Sichtweite meines Hauses ist das PEP, ein Einkaufszentrum dem OEZ, wo der Amoklauf stattgefunden hat, sehr ähnlich. Auch die Wohnstruktur des Stadtteils gleicht sich etwas, ABER ich wohne hier SEHR gerne. In meinem Stadtteil wohnen Menschen fast aller Nationalitäten und Kulturen, sie bereichern mein Leben, auch in meinem Haus ist es nicht so, dass eine Nation vorherrschend ist. Es ist sehr durchmischt und das macht es reizvoll. 


Manchmal, wenn ich durch den Stadtteil fahre, dann freut es mich, dass die Welt ein Stück bei uns Zuhause ist. Wir haben einen Platz vor dem Busbahnhof, der bald bebaut werden soll, aber noch sitzen dort die Menschen, unterhalten sich, es gibt auch zwei Mal in der Woche einen Markt. Das gleicht ein wenig dem südländischen Flair. 


Aber zurück zu unserem Hausfest. Auch, wenn ich keine Verabschiedung in Bayern hatte, so haben sich doch sehr viele in meinem Haus mit mir gefreut, dass ich nach Rio fahre. Hat mich auch gefreut, dass alle versprachen, trotz der frühen Stunde vor dem Fernseher bzw. Livestream zu sitzen. Und tatsächlich denke ich, werden sie das auch machen. 

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